Alle Jahre wieder, in der zweiten Oktoberwoche ist das Fliegerschiessen der Schweizer Luftwaffe. Es ist eine Art Leistungsschau. Wer dieses Ereignis miterleben will, muss sich morgens früh auf den Weg machen. In diesem Jahr war der Pass nach Axalp für den gesamten Verkehr gesperrt, nur die Shuttle Busse der Post durften die 40 Minuten lange Strecke fahren. Als wir uns morgens um sieben auf den Weg machten und in Brienz am Bahnhof in den Shuttlebus stiegen war wir schon nicht mehr die ersten. Oben in Axalp hatten wir die Wahl eine Stunde anstehen, mit dem Lift 500m Höhe überwinden und dann noch eineinhalb Stunden bergauf zum Zuschauerbereich oder gleich zu Fuß (2 ½ Stunden) weiter auf den Tschingel, der beste Sicht auf den Äbeflue verspricht. Wir stehen an. Wie eine Ameisenspur zieht sich die Menschenmasse den schmalen Pfad auf den Tschingel empor. Wir haben einen guten Platz weit oben bekommen. Wir staunen nicht schlecht als eine Gruppe vor uns aus dem Rucksack ein Rechaud samt Camping Gasofen auspackt und damit beginnt ein Käsefondue zu zubereiten. Das andere Mitglied packt einen riesigen Korb Brot aus, nicht zu vergessen die Menge an Käse. Dann kommt die Frau an die Reihe sie hat elegante Weingläser dabei, damit das Ambiente stimmt. Aus den Seitenfächern der Rucksäcke kommt jetzt auch der Wein, mit dem die Gläser gefüllt werden.
Es geht langsam auf 14 Uhr zu. Die vor uns sitzende Gruppe hat ihr Rechaud verräumt, das Käsefondue ist gegessen und wie es aussieht, sind auch die Weinflaschen leer getrunken. Der Presseoffizier kündigt an, dass durch den VIP Transfer, der Beginn um 5 Minuten verschoben wird. Wir sind hier in 2200m Höhe bei strahlender Sonne und nur 500m unter uns herrscht Nebel, dichter Nebel der den VIP Transport vom nahegelegenen Flugplatz in Meiringen auf die Axalp nicht zulässt. Nur vom weiter entfernt gelegenen Bern ist der Start mit den VIPs möglich. Die Hubschrauber landen in unmittelbarer Nähe der VIP Tribünen die ungefähr 20 Minuten von uns entfernt sind. Da nicht alle Ehrengäste kommen können, erfolgt das Angebot, dass man nun auch die nicht besetzten Plätze in Anspruch nehmen darf. Wir entscheiden, dass wir diesen Weg nicht mehr auf uns nehmen.
Das erste Display des Fliegerschiessens wird mit einer Staffel F/A-18 Hornet durchgeführt. Die Flugzeuge werden mit einer Geschwindigkeit von ca. 450 Knoten anfliegen, das Ziel beschießen und dann das „Kampfgebiet“ verlassen. Der Presseoffizier erklärt aus welcher Richtung der Anflug erfolgt. Der erste Anflug kommt von Westen auf den Schießstand zu und dann meint er, wir sollten nun unsere Ohrenstöpsel benutzen und die Kameras in Schussposition bereit halten. Da kommt schon die erste Hornet und feuert eine Ladung Feuerwerkskörper ab, die der Ablenkung feindlicher wärmegeleiteter Raketen dienen. Die Maschine steigt über den Äbeflue Kamm und zieht an der fast senkrechten Wand des Ochsentelli hoch um dann mit einer halben Rolle auf dem Rücken fliegend hinter dem Berg zu verschwinden. Und schon kommen zwei weitere Maschinen hinterher mit dem gleichen Manöver die sich jedoch beim Aufsteigen an der Wand teilen, eine rechts und die andere links am Gipfel des Ochsentelli vorbei weiter steigend um dann in großer Höhe mit einer ganzen Rolle den Sinkflug auf das Zielgebiet zu beginnen. Sie fliegen tiefer als wir sitzen und sie kommen ganz unvermittelt über den Kamm der Äbeflue angeflogen um dann sofort wieder nach unten zu fliegen, alles möglichst bodennah. So geht es mehrere Runden die die Hornets hier drehen. Inzwischen haben sich auch noch acht F-5 Tiger dazugesellt. Mit der Präzision eines (Schweizer) Uhrwerks fliegen sie Runde für Runde und die Anflüge erfolgen aus allen Richtungen. Zum Abschluss ihrer Show erfolgt noch ein Vorbeiflug in der Formation Diamant (s. Bild) und die acht Tiger bilden eine acht. Dann wird es erstmal etwas leiser, denn die Schweizer stellen ihre neueste Errungenschaft vor; den Turbotrainer Pilatus PC 21. Auf ihm beginnen die Schweizer ihre Ausbildung zum Jetpiloten. Stolz erklärt der Presseoffizier, dass die Ausbildung nunmehr direkt mit dieser Maschine beginne und dann von dieser direkt auf die Schulung mit Jets umgestiegen wird. Das Programm ist eine volle Kunstflugnummer, Rolle, Turn, Looping Rückenflug und Messerflug. Es ist eine wahre Freude dem Flugzeug zu folgen, man vergisst fast das Fotografieren. Dann kommen die Hubschrauber und demonstrieren ihre Einsatzfähigkeiten nicht nur im Militärdienst, sondern auch als Rettungsgerät in den Bergen. (Am zweiten Tag musste dieser Teil ausfallen, denn die EC 635 wurde für einen Ernstfall Einsatz benötigt). Super Puma und EC 635 die Militärversion des Eurocopters EC 135. Bis an die aerodynamischen Grenzen gehen die Piloten zur Freude der vielen Fotografen die ihre langen und schweren Objektive mit auf den Berg geschleppt haben.
Als nächstes steht das Soloprogramm einer F/A-18 auf dem Programm. Der Sprecher sagt, dass es nun noch lauter wird, denn die Hornet zeigt uns ein Programm das so nur mit Nachbrenner geflogen werden kann. Looping, Turn, Rolle und Immelmann(im Volksmund als Männchen bekannt). Die Hornet steigt senkrecht hoch ehe sie in einer Drehung über die Querachse wieder senkrecht nach unten fällt. Die schiere Kraft der Turbinen wird demonstriert und es ist kaum vorstellbar, dass ein Mensch die Kräfte die bei diesen Figuren auf ihn einwirken 20 Minuten lang (oder auch länger) aushält. Dann eine Nummer die wir beim Segelfliegen als Sackflug bezeichnen. Die Strömung liegt nur noch am Seitenleitwerk an und das Flugzeug kann somit nur noch mit diesem gesteuert werden. Dies macht der Pilot über mehrere Sekunden ehe er wieder Fahrt aufnimmt und mit der geballten Kraft des zugeschalteten Nachbrenners seine Abschlussrunde dreht.
Die Fallschirmspringer oder Fernspäher wie sie in der Schweiz bezeichnet werden, kommen mit den Fahnen der Schweiz, des Kantons Bern und der Luftwaffe aus einer Pilatus Porter , eine Maschine wie sie bei uns auch gerne zum Transport von Fallschirmspringern in Clubs eingesetzt wird. Ihre Ziellandung erfolgt unweit des Zuschauerbereichs in einem definierten Zielgebiet. Und dann kommt das Highlight der Veranstaltung die Patrouille de Suisse mit ihren 6 rot / weiß lackierten F5 Tiger.
Sie zeigen ein Ballet für 6 Flugzeuge. Es ist faszinierend was hier in den Schweizer Himmel gezeichnet wird, die Präzision mit welcher die Piloten hier im Verband fliegen ist beeindruckend. Die Flugzeuge die auf ihrer Unterseite ganz rot lackiert sind und das Schweizer Kreuz tragen wecken bei diesen Flügen ungeheure Emotionen. Spiegelflug von zwei Maschinen die aus dem Verband ausscheren um dann auch aufeinander zufliegen, eine Maschine davon im Rückenflug oder zum Abschluss der Vorstellung als 5 Maschinen die Figur Tunnel bilden und eine Maschine sich in entgegensetzter Flugrichtung durch das Tunnel fliegt um sich dann in den Verband einzureihen. Es ist „fun“tastisch. Es ist kein Wunder, dass an einem Tag bis zu 8000 Menschen auf den Tschingel gehen und dort diese Flugzeuge bewundern. Es ist ja an einem ganz normalen Werktag an dem dieses Spektakel stattfindet, was im Klartext bedeutet, dass dafür Urlaub erforderlich ist. Als nach eineinhalb Stunden alles vorbei ist und unser Weg wieder hinunter führt sind wir uns einig, es hat sich gelohnt.